RISIKEN & NEBENWIRKUNGEN: Achtung! Dieser Blogbeitrag kann zu Drehzahlreduktion, Gangvermehrung und Verbrauchsverringerung führen. Bei Nicht-Technikern ist allerdings mit tödlicher Langeweile zu rechnen 🙂

Auf einer ca. 4000 km langen „Probefahrt“ quer durch Deutschland hatten wir unseren Benz im Sommer ausgiebig getestet. Dabei fiel uns die Getriebeabstufung des G3 5-Gang-Getriebes unangenehm auf. Die Abstufung vom 3. zum 4. Gang ist einfach viel zu lang. Auf Bergfahrten konnten wir den dritten Gang ausdrehen und beim Schalten auf den vierten Gang war dieser zu lang übersetzt und die Drehzahl brach zusammen. Also musste ein Upgrade in Form eines Splitgetriebes her. Mercedes Benz verbaute in den LN2 mit 3,64 m Radstand als Sonderausstattung – unserer hatte das nicht – ein sogenanntes GV-Getriebe, wobei das V für die Vorschaltgruppe steht. Das heißt man kann während dem Fahren halbe Gänge über einen Kippschalter am Schalthebel vorwählen.

Bereits vor über einem Jahr tauschten wir die Hinterachse aus unserem Schlachter gegen ein GV4/95-Getriebe. Das GV4/95 gehört eigentlich in die schwere Klasse von Mercedes, es passt zwar ist aber nicht ideal. Also begaben wir uns erneut auf die Suche und erstanden nach einiger Zeit ein zu unserem LKW passendes GV4/65 – was uns natürlich deutlich lieber war – wegen Größe und Gewicht!

Gereinigt und frisch gelackt lag es dann da…

Los geht’s!

Von oben erst mal Platz geschaffen, die Verriegelungstraverse der Kabine und die Standheizung mussten raus. Kardanwellen vom Schaltgetriebe zum Verteilergetriebe entfernt und auch die Welle zur Vorderachse gelöst. Den Auspuff habe ich drin gelassen. Der Nebenantrieb musste auch abgebaut werden, weil der Abstand zur Getriebetraverse zu gering war um das Getriebe nach hinten aus der Kupplung zu ziehen.

Keine zwei Stunden später war der Brocken draußen:

Die im Rahmen verbaute Getriebetraverse, an der das Getriebe im hinteren Bereich aufgehängt ist, passt leider nicht zu dem längeren GV-Getriebe. Also muss sie raus.

… hätte ich mal lieber auf den Sven gehört und die Traverse gewechselt BEVOR ich den Zwischenrahmen drauf gebaut hab. Eine Drecksarbeit die Traverse zu entfernen – am Stück ging es nicht, ich musste sie zerschneiden:

Die Haltebleche bzw. Verstärkungsbleche an der neuen Traverse. Die Traverse mussten wir nicht extra besorgen, wir konnten sie einfach aus unserem Schlacht-LKW ausbauen.

Nachdem alle Nieten aus der alten Traverse ausgebohrt waren und die neue Traverse samt der Haltebleche frisch lackiert war konnte das gute Stück auch schon wieder eingebaut werden.

Nächster Schritt: Kupplung raus! Unser Benz hat zwar erst 36.000 km auf der Uhr aber eine neue Kupplung, bei der Vorgeschichte (Feuerwehr), ist bestimmt nicht verkehrt. Und siehe da – die Kupplungsscheibe ist tatsächlich nicht mehr im besten Zustand:

Als nächstes kommt das Pilotlager raus:

Ein neues Pilotlager war schnell verfügbar und auch schnell eingebaut…

Das Abschirmblech habe ich wieder montiert, obwohl das alte sowie das neue Lager „gedichtete Lager“ sind…

Als nächstes kommt ein wichtiger Hinweis für all diejenigen, die in Zukunft auch eine Kupplung wechseln müssen – nur damit ihr euch nicht so ärgern müsst wie ich.

Die Odyssee mit der Kupplung begann bei meinem Teilehändler: Angebot für die komplette Kupplung belief sich auf 600,- bis 900,- Euro (je nach Hersteller). Das war mir zu viel und so suchte ich im Internet – und fand alle Einzelteile von namhaften Herstellern.

350 mm Kupplungsscheibe und Automat passten. Allerdings passte das Ausrücklager nicht – naja – es passte schon, hatte aber keinen Anschluss für den Fettschlauch der Stauferbuchse. Also bestellte ich bei einem anderen Lieferanten ein neues Ausrücklager. Dieses zweite Lager war deutlich stabiler (weniger Plastik) – hatte jedoch auch keinen Anschluss für den Fettschlauch. Und jetzt? Anruf bei Mercedes – „Ja, ist lieferbar, kostet 360,- Euro.“ – also hab ich das Teil bestellt. Fünf Minuten später klingelt mein Teilemann von Mercedes durch und sagt, er habe bei dem Teil noch eine Fußnote gesehen: „Bei Montage ist der Fettschlauch und die Büchse zu entfernen – wird bei dem modifizierten Ausrücklager nicht mehr benötigt.“. Ergo: Es gibt KEINE Ausrücklager mehr mit Anschluss für den Fettschlauch!

Glücklicherweise hatte ein sehr guter Freund sich bereiterklärt die beiden Halter für das Schaltventil am Kupplungspedal aus einem seiner Fahrzeuge auszubauen und mir als Muster zu schicken, damit ich diese nachbauen konnte (von Mercedes nicht mehr lieferbar). Ohne die Muster hätte ich ewig gebraucht.

Dann das Schaltventil und die sündhaft teuren Voss-Anschlüsse besorgt. Für die Entlüftungsleitung hatte ich noch ein Ringstück mit 6 mm-Anschluss und die passende Hohlschraube im Lager liegen.

Schalthebel mit neuem Schaltsack und neuem Schaltknauf montiert. Ebenso habe ich das komplette Schaltgestänge gewechselt, da der Anschluss am Getriebe zwischen G3 und GV4 unterschiedlich ist.

Als nächstes ging es zum Gelenkwellenbauer, um die Kardanwelle zwischen Schaltgetriebe und Verteilergetriebe kürzen zu lassen, da das neue Getriebe um einige Zentimeter länger ist als das alte. In der Wartezeit konnte ich ja schonmal die Luftleitungen ziehen …

Die geänderte Welle konnte ich nach zwei Tagen abholen. Allerdings erst nach einigen Telefonaten … Für die originale Welle gibt es den 150er Anschlussflansch nicht mehr. Dieser wird aber für das GV4 benötigt. Somit konnte von der alten Welle nur das Kreuzgelenk für den Anschluss ans VTG übernommen werden. Der Rest musste komplett neu gefertigt werden.

Welle eingebaut – dafür mussten aber vorher noch 8 neue Schrauben für den Flansch vom GV4 besorgt werden. Das sind jetzt nämlich M12 – vorher waren es M10.

Das Getriebe war also montiert und komplett angeschlossen.

 Kabinentraverse und Standheizung wieder montiert …

Dann der große Moment: Motor gestartet und Verteilergetriebe erstmal in Neutral gestellt – Alle Gänge flutschten! 🙂 Probefahrt erfolgte dann ohne Auffälligkeiten!

1700 U/min bei 80 km/h

2000 U/min bei 100 km/h

Baustelle erfolgreich abgeschlossen!