Am Morgen klingelte der Wecker – halb sechs.
Wir mussten vom Pier zum 500 m entfernten Ticket Office, um die Überfahrt nach Labrador klar zu machen. Naja, es geht zwar eigentlich  von Neufundland aufs Festland, aber der Fähranleger in Labrador/Blanc-Sablon liegt offiziell nicht in Labrador, sondern in Quebec – wo wir jetzt bei unserem ständigen Begleiter – dem Zeitproblem wären… Ich versuche das mal kurz zu erklären: Wir kamen von Nova Scotia und stellten unsere Uhr in NFL eine Stunde zurück, am Fähranleger Blanc-Sablon (was ja in Quebec liegt) sollen wir die Uhr 1,5 Stunden vor stellen um dann 5 km später, als wir dann wirklich in die Provinz Labrador eingefahren sind, die Uhr wieder eine halbe Stunde zurück zu stellen – nach 200 km dann ein Schild am Wegesrand – die Uhr eine halbe Stunde vor stellen! Wir hatten also keine Ahnung mehr wie spät es war :-).

Egal, wir hatten die Fähre, die zu NFL-Time fährt, erwischt und landeten also nach 1h und 50min in Blanc-Sablon bei dichtestem Nebel und übelsten Straßen. Das fahren machte keinen Sinn und wir nahmen eine Stichstraße nach L’Anse-Amour. Dort beim Lighthouse konnten wir herrlich stehen und das Wetter absitzen. Der nächste Tag war deutlich besser. In L’Anse-Amour schlenderten wir um den Leuchtturm und besuchten die älteste bekannte Grabstätte in Nordamerika. Vor über 7500 Jahren wurde der Kontinent über die Beringstraße erschlossen und in Labrador wurde das aus dieser Zeit stammende Grab eines Mädchens gefunden.

Wir nahmen die schlechte Teerstraße wieder unter die Räder und gelangten nach Red Bay. Dort an einer Tankstelle gab es eine so genannte „Servicestation“ – also Duschen, Waschmaschinen usw… Eine Dusche wäre zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht schlecht gewesen! Also fragten wir nach dem Preis und verstanden es beide nicht so recht. Wir baten  die nette Dame darum, den Preis auf einen Zettel aufzuschreiben – tatsächlich schrieb sie 7.92 $ auf den Zettel und meinte dann, dass da noch die Steuer dazu komme! Also 8.95 $ AHA! Für uns beide? Nein: PRO PERSON! Ok, Duschen fiel an diesem Tag aus.

In Red Bay begann dann auch die Schotterstraße die uns in das fast 600 km entfernte Goose Bay bringen sollte. Ein letzter Fahrzeug-Check und die Luft aus den Reifen auf Pistendruck abgelassen, dann konnte es los gehen. Den ganzen Tag fuhren wir auf teilweise sehr guter Gravel-Road (Schotterstraße) Richtung Goose Bay. Am Abend fanden wir einen Platz neben der Piste. Wer diese Strecke einmal fahren sollte – hier ein Tipp von uns: Rechtzeitig einen Nachtplatz suchen! Auf weiten Strecken gibt es außer der Trasse nichts als Wald, Wald und nochmal Wald und keine einzige Möglichkeit die Trasse zu verlassen. Abends noch ein Fahrzeugcheck und auf einmal waren sie da – Mücken – größer und stechwütiger als wir sie je erlebt hatten! Im Auto waren wir sicher und auch Nachts verirrte sich keine in unser Schlafzimmer – Test bestanden!

Am nächsten Morgen regnete es wie aus Kübeln und die Piste verwandelte erst sich selbst und dann unseren Iveco in ein braunes, schlammiges Etwas. Die letzten 60 km bis zur Teerstraße waren die reinste Hölle – teilweise fuhren wir nur mit 20 km/h, weil die Piste so schlecht war. Endlich wieder Asphalt unter den Rädern rollten wir in Goose Bay ein. Am Supermarkt bei strömendem Regen hielt ein PickUp neben uns, der Fahrer hieß uns in Goose Bay willkommen und entschuldigte sich sogleich für das Wetter – so sind sie halt die Kanadier. Nach dem Einkauf, bei dem wir uns wirklich nur auf das Nötigste beschränkten, da es im hohen Norden aufgrund der langen Lieferwege enorm teuer war, besuchten wir die Pauls (www.haraldpaul.de) – 7 Monate waren die beiden Oberpfälzer mit ihrem Schiff in Goose Bay eingefroren und trotzten Temperaturen von fast minus 40 °C. Respekt!

Wir gingen nach einem netten Abend so gegen halb eins ins Bett als es an der Tür klopfte… die Polizei stand da! Die Polizisten sind hier ja meistens alleine auf Streife – so auch dieser. Er fragte wo wir her kommen, meinte wir hätten „a nice car“ – wünschte uns eine gute Nacht und war wieder verschwunden. Das wir am Pier im absoluten Parkverbot standen war ihm dabei egal 🙂

Am Morgen machten wir uns auf dem Labrador-Highway auf in Richtung Labrador City. Unterwegs sollte einer der Höhepunkte unseres Labrador-Besuches anfallen, die Besichtigung eines der größten unterirdischen Wasserkraftwerkes der Welt – in Churchill Falls. Wir rollten also zum Town Center um die Besichtigung klar zu machen –  leider erfuhren wir hier aber das erste mal auf der Reise eine riesige Enttäuschung, man entschuldigte sich und erklärte uns, dass es bis auf weiteres keine Führungen mehr gäbe, da seit den Anschlägen auf das Parlament die Sicherheitsstufen hoch gesetzt wurden und keine Zivilisten mehr in das Kraftwerk dürften 🙁 na toll! Im aktuellen Reiseführer, der in jedem Visitor Center gratis ausliegt, stehen die Führungen sogar noch mit den Uhrzeiten drin…

Weiter ging es nach Labrador City und dann auf teilweise schlechter Gravel Road wieder Richtung Zivilisation. Unterwegs noch zwei Übernachtungen und dann hatten wir den ganzen Labrador-Highway hinter uns – fast 1.500 km. Die Tierwelt war bei weitem nicht so zeigefreudig wie in NFL – wir hatten keinen einzigen Elch, keine Bären und auch nur 2-3 Hörnchen.

Allerdings zeigte sich eine neue Tiergattung, die wir bis dahin nur ein mal zu Gesicht bekommen hatten, hier sehr oft am Wegesrand – DER BAUMSTACHLER. Diese Tiere sind sehr träge und wenn sie sich gestört fühlen, dann drehen sie sich einfach um und schlendern gemütlich davon. Irgendwie schauen die Stachler recht putzig aus, besonders wenn sie hoch oben in den Bäumen nach den frischen Knospen greifen.

Aber was doch sehr negativ aufgefallen ist – die Zerstörung der Natur durch den Menschen – Abholzungen, Strom-Trassen, die durch die einmalige Natur getrieben werden, ohne Rücksicht auf Verluste. Aufgrund von fehlender Müllentsorgung fahren die Bewohner Labradors ihren Müll einfach in den Wald. Apropos Müll: bei jedem Einkauf bekommt man an der Kasse alles in Plastiktüten verpackt – es ist einfach UNFASSBAR was hier jeden Tag an Plastik-Müll produziert wird. Das musste ich jetzt mal los werden.

Wir waren also wieder auf Teer unterwegs und hatten wieder Straßendruck in den Reifen und prompt nach 50 km hatten wir unseren 1. Platten. Nachdem der Schlauch raus war stellte sich ein Materialfehler des Schlauches als Ursache heraus – der Schlauch war an einer Stelle einfach auf gegangen. Radwechsel und Flicken hat ca. 1,5 h gedauert – dann war es aber auch Zeit einen Nachtplatz  zu suchen.

Auf der 138 Richtung Süden muss bei Tadousac ein Fjord überquert werden – diese Fähre war tatsächlich kostenlos! Hinter St. Simeon fanden wir ein Hinweisschild auf einen Campingplatz, der direkt am Ufer lag und nur über eine abschüssige Schotterstraße erreichbar war – was war das für ein herrlicher Platz, es gab heiße Duschen, Waschmaschine und Trockner (2$ waschen, 1,50$ trocknen) und das Beste kommt noch: Kaum hatten wir unseren Platz eingenommen wurden wir auf einen Wal aufmerksam gemacht, der vor dem Ufer immer wieder seine Rückenflosse zeigte. Später beim Essen erschien noch ein Streifenhörnchen vor dem Auto und dann flippte Rini, die Vogelliebhaberin, voll aus – als direkt vor unserem Fenster noch zwei Kolibris erschienen. Ein perfekter Tag!

Nächster Stop Quebec – wir fanden einen Parkplatz direkt am Ufer des St. Lawrence Stromes und gingen zu Fuß in die Altstadt. Dort wimmelte es nur so von Touristen. Über einen „Hochweg“ gelangten wir zur Zitadelle, von wo aus man einen fantastischen Überblick über den Fluss und die Stadt hatte.

Nach der Besichtigungstour wechselten wir die Uferseite und fuhren Richtung Montreal. Inzwischen haben wir es uns angewöhnt die Städte auf Highways zu verlassen und nach ca. 20 – 30 km auf Nebenstraßen zu wechseln – deutlich entspannter! Montreal saugt einen auf wie ein Schwarzes Loch das Licht! An dieser Stelle ein großes Lob an unser Navi! Vor Abreise haben wir die App noch einmal aktualisiert und sind so dermaßen zufrieden damit, dass man es gar nicht sagen kann! Wir navigieren mit einem I-Pad und „Scout“ als Navi-App.

Wir waren also wieder mal auf dem richtigen Weg, als mitten in der Stadt an einer mords Steigung plötzlich eine Polizeistreife meinte uns unverzüglich anhalten zu müssen. OK, wir hatten gelesen: Hände ans Lenkrad und ja nicht bewegen! Er deutete an die Scheibe runter zu kurbeln… Woher? Passport und Fahrzeugpapiere! Wie lange wir in Kanada sind und bleiben… Visa? Nö, brauchen wir nicht… Er verschwand mit unseren Papieren im Polizeiauto, mit den Worten er müsse uns überprüfen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit (waren bestimmt nur 5-10 min) aber was wollte der nur von uns? Als er wieder kam und uns die Pässe wieder gab fragte er wieder nach unseren Visa. Wir erklärten ihm, dass wir 6 Monate ohne Visa im Land bleiben dürften. Das reichte ihm dann auch als Antwort… Am Ende durfte er uns dann noch verraten, wo wir in der beengten Montrealer Innenstadt am besten Parken können.

Am großzügigen Parkplatz – wieder am Ufer – hörten wir dann schon die Formel 1 Boliden beim Training. Genau gegenüber auf der kleinen Insel war an diesem Wochenende der F1 Zirkus zu Gast. Rini wollte sofort wissen wo denn wohl der Vettel ist 🙂 Unsere Besichtigungstour in Montreal führte uns in die Altstadt, wir besichtigten hier z.B. die Basilika Notre Dame – ein herrlicher Bau – und von innen erst! Die Basilika war nach Fertigstellung 1829 ein halbes Jahrhundert lang die größte Kirche Nordamerikas. Im Stadtbild gibt es genau wie in Quebec Straßenmusikanten an jeder Ecke und einer ist besser als der andere. Das Wetter meinte es wieder mal sehr gut mit uns – nach Beendigung der Besichtigungen fing es an wie aus Kübeln zu schütten – aber da saßen wir bereits wieder im Trockenen und waren auf dem Weg aus der Stadt raus in Richtung der 480 km südlich gelegenen – größten Stadt Kanadas – TORONTO.

Auf dem Weg dorthin nahmen wir wieder mal den Waterfront Trial. Die fantastische Straße führte uns entlang am Westufer des St. Lawrence Stroms, wo wir aus dem Staunen wieder mal nicht raus kamen. Die Bewohner hier haben wohl extrem viel Zeit sich um ihre Vorgärten zu kümmern – teilweise sind die Grundstücke so groß, dass wir nicht unterscheiden konnten, ob wir gerade an einem Golfplatz oder einer Parkanlage vorbei fuhren 😉 Der Rasen sieht überall aus als würde er jeden Tag gemäht und alles ist bis ins letzte Detail geordnet. Unterwegs überquerten wir die Grenze zum Bundesstaat Ontario und ließen die Provinz Quebec hinter uns. Quebec war und ist eine etwas – wie soll ich sagen – „andere“ Provinz. Quebec wollte sich bereits öfters von Kanada abspalten, wollte mehr Eigenständigkeit und mehr Freiheit. In Quebec wird als Amtssprache Französisch gesprochen und es gibt wirklich Leute die kein Englisch verstehen. Straßenschilder und Hinweisschilder – alles auf französisch… (nur mal so am Rande).

Wir fuhren entlang der malerischen Route durch eine puppige Kleinstadt, als wir dort in einem Stadtpark auf eine Autoausstellung, wie aus einem amerikanischen Bilderbuch, aufmerksam wurden. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen! Muscelcars, Hot Rods und nostalgische Schmuckstücke standen auf Hochglanz poliert auf dem perfekten Grün und warteten auf die Prämierung der Preisrichter.

Wir übernachteten auf einem Walmart Parkplatz um uns am Morgen frische Oliven- und Rosmarin-Ciabattas zu holen. Die letzten 90 km bis nach Toronto waren schnell hinter uns gebracht und wir landeten auf einem Campground namens „Glen Rouge“. Von dort aus machten wir uns zu Fuß auf den Weg zur Bahnstation, um uns bequem in die Innenstadt gondeln zu lassen. Bereits beim Aussteigen an der „Union Station“ sahen wir das Wahrzeichen von Toronto vor uns in die Höhe wachsen – den CN TOWER – dieser 553 m hohe Turm war bis 2007 das höchste freistehende Gebäude der Welt! Ich mit meiner Höhenangst und da rauf???? Ja! Wir haben es getan! Der Fahrstuhl verläuft auf der Außenseite und hat natürlich Glastüren – ist das ein Scheiß-Gefühl, zumal auch noch im Fußboden der Fahrstühle Glasstreifen eingearbeitet sind. Oben angekommen hatten wir in 346 m Höhe einen fantastischen Ausblick auf die viertgrößte Stadt Nordamerikas. Irgendein Architekt meinte wohl, dass es recht witzig wäre in der Aussichtsplattform einen Glasboden einzuziehen – das war dann wieder mal eine Herausforderung für meine Höhenangst – fast 350 m über dem Boden auf einer Glasscheibe zu stehen! Aber auch das haben wir überstanden – Rini hat das alles nicht soviel ausgemacht :-).

Nach unserem Höhen-Abenteuer zog es uns nach China-Town, dort laufen die Uhren wirklich anders und wir fühlten uns wie in einer anderen Welt. Als wir also so am Rumschlendern waren, fiel Rini’s Blick in einen der zahlreichen Food-Läden… warte mal… wir hatten doch daheim mal so eine Sendung gesehen, wo einer in China-Town Spezialitäten verkostet hat!? Tatsächlich – da lagen sie – frische STEAMED BUNs! Wir hatten sofort ein Tablett in der Hand! Im nahe gelegenen Park ließen wir uns die Köstlichkeiten schmecken. Einfach fantastisch diese mit Thunfisch, Schweinefleisch, Gemüse und Frühlingszwiebeln gefüllten Brötchen. Am Ende des Tages fuhren wir wieder mit der Bahn nach „Rouge Hill“ zu unserem Auto und pflegten unser Füße, die an diesem Tag doch sehr beansprucht wurden.

In der Nacht schüttete es wieder mal wie aus Kübeln und der Morgen sah nicht viel besser aus, was uns die Entscheidung, die 170 km entfernten Niagarafälle nicht zu besuchen, leichter machte. Zum Spaß tippte ich dann am Morgen Edmonton als unser nächstes Ziel ein – das Navi rechnete kurz und raus kamen 3440 km – ok heute nicht zu schaffen 🙂