Schon vor unserer Langzeitreise entlang der Panamericana haben wir uns ausgiebig mit Fotografie und Bildbearbeitung beschäftigt.
Beim Zusammenstellen der Fotoausrüstung für die PanAm haben wir versucht, für jedwede Situation ansatzweise gerüstet zu sein. Wirklich auf alles vorbereitet zu sein klappt natürlich nie – außer man ist dazu bereit, bei jeder Art der Witterung, bei jeder Art der Tätigkeit und bei jeder Sicherheitslage mehrere Kilogramm schweres und mehrere tausend Euro teures Equipment mit sich rumzuschleppen, bzw. umherzufahren.
Wer aber noch mehr aus seinen Bildern rausholen und das komplette Potential der Daten aus seiner Digitalen-Super-Kamera (so nenne ich im folgenden Artikel zusammenfassend alle digitalen Kameras, die unbearbeitetes Rohmaterial ausgeben können) ausnützen möchte, kommt an der digitalen Bildbearbeitung, bzw. Bildanpassung kaum vorbei.
Auch bei den zahlreichen Lagerfeuer-Abenden, die man unterwegs mit anderen Overlandern verbringt, kommt das Thema „Fotografieren auf Reisen“ immer gerne auf. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Arten der Ausrüstung und die verschiedensten Ansprüche an die Ergebnisse. Die einen machen schnelle Schnappschüsse ihrer Abenteuer, die anderen planen ganze Tagesabläufe nur danach, an einem bestimmten Ort das eine perfekte Foto in den Kasten zu bekommen. Zu welchem Typ man auch gehört, eines haben alle gemeinsam: Jeder möchte gerne die wertvollen und einmaligen Erinnerungen festhalten, konservieren und teilen.
Es gibt genügend gute Gründe, die für die Nachbearbeitung digitaler Bilddaten sprechen – sie sogar zu einem Muss machen.
1. Verschenktes Potential
Wer mit einer hochwertigen Digitalkamera fotografiert, die unbearbeitete und rohe Bilddaten ausspucken kann, der verschenkt wertvolles Potential wenn er die Daten nicht bearbeitet. Im Gegensatz zu den gängigen Standard-Digicams, die die geschossenen Bilder bereits von der bordeigenen Software bearbeiten lassen (z.B. Schärfe, Kontraste, Sättigung…), noch bevor sie der Hobbyfotograf auf dem Display überhaupt zu Gesicht bekommt, lassen sich bei den hochwertigeren Exemplaren „jungfräuliche“ Daten ausgeben. Das ist vielleicht nicht jedem bewusst, aber diese Daten besitzen im Hintergrund noch unzählige Informationen (die man den rohen Bildern garnicht ansieht), die erst durch die digitale Nachbearbeitung zu erstaunlichen Ergebnissen führen können.
2. Ausgleichen von Bildfehlern
Ist man auf Reisen, lernt man die Begebenheiten so zu nehmen wie sie sind. Mal ist das Wetter gut – mal nicht. Mal hat man Gegenlicht, obwohl man es für das gewünschte Motiv aus der anderen Richtung gebraucht hätte und so weiter. Kann man alles nicht immer beeinflussen und macht dann eben das Beste aus der jeweiligen Situation. Was für ein Glück, dass einem die digitale Nachbearbeitung der Erinnerungsfotos auch hier weiterhelfen kann! Dank der bereits oben erwähnten, im Hintergrund gespeicherten Informationen zu den Bilddaten, lässt sich auch aus – auf den ersten Blick – „missglückten“ Fotos oft noch Erstaunliches rausholen, bzw. reparieren. Extrem dunkle Bildstellen bekommen plötzlich Struktur, ausgebrochene Himmel können (bedingt) zurückgeholt werden, leicht unscharfe Motive lassen sich extrem gut nachschärfen. Das macht einfach Spaß und rettet die ein oder andere wichtig digitale Erinnerung.
3. Stimmung anpassen & Fokus setzen
Reisefotos erzählen Geschichten, wecken Sehnsüchte und transportieren Stimmungen. Kannst du dich an einen Ort erinnern, an dem du etwas ganz Besonderes empfunden hast? Hast du vielleicht auch versucht, dieses Besondere einzufangen und festzuhalten um es dann mit anderen teilen zu können? Warst du dann aber oft enttäuscht von dem Ergebnis der zusammengesetzten Pixel und hast dort von dem Gefühl und der Stimmung deines magischen Moments nur noch wenig finden können? Das ist vollkommen normal. Es ist so vieles, was einen speziellen persönlichen Moment ausmachen kann. Sei es eine Lichtstimmung, eine spezielle Farbe, ein Geruch, ein Geräusch oder nur eine Erinnerung, die man mit einem Ort verbindet.
Neben den gängigen Bildverwaltungs- und Bearbeitungsprogrammen wie Adobe Photoshop und Adobe Lightroom, die mittlerweile leider nur noch über eine Abo-Option erworben werden können, gibt es noch ein wirklich tolles und kostenloses Plugin zur Bildbearbeitung für Photoshop. Das Plug-In heißt Nik Collection, war einst für professionelle Fotografen konzipiert und kostete nicht gerade wenig. Allerdings wurde das Produkt von Google aufgekauft und kann jetzt gratis heruntergeladen werden. Jeder, der irgendeine Version von Photoshop auf dem Rechner hat kann sich die Nik Collection umsonst herunterladen und als Add-on installieren. Eine echt tolle Sache!
NACHTRAG: Leider gibt es die Nik Collection jetzt nicht mehr kostenlos… (siehe Kommentare).
sehr schöner Beitrag, ich bearbeite meine Fotos auch immer noch etwas nach um die aufgenommene Bildaussage unterstützen zu können. Man sollte bei dem Thema auch bedenken, dass selbst die angeblichen „RAW“ -Daten der DSLR/DSLM schon bearbeitet wurden – z.B. einige bekannte Objektivfehler/Sensorfehler korrigiert werden. Gruß und viel Spaß beim weiteren Fotografieren auf Reisen.
Das ist richtig. Ich finde es ist eigentlich unerlässlich sich mit Bildbearbeitung zu beschäftigen, wenn man digital fotografiert… Obwohl ja selbst die analogen Bilder früher schon nachretuschiert wurden. Also kein „schlechtes Gewissen“ haben – lieber Erinnerungen festhalten und Freude dran haben – egal wie 📸✨🙂
P.S.: die NIK-Collection ist inzwischen von Google an DXO weitergereicht und kostet wieder:
https://nikcollection.dxo.com/de
P.P.S.: hab grad meine Linkliste ausgemistet und da stand dieser Artikel gerade prominent auf Eurer Startseite 😉
Interessant, das wusste ich noch garnicht – danke für die Info!
.. Nik 1.2.11 von 2016 kann man aber noch kostenlos im netz finden; läuft laut div. nutzern auch unter win10 und mit aktuellem PS, gimp etc.
„gephotoshopt“ – das ist das Stichwort schlechthin.
Und da scheiden sich in der Tat die Geister.
So wie ich Euch verstehe, ist damit eine individuelle Entwicklung des Bildes gemeint. Das ist ja ok, damit würde ich mich auch nicht verstecken.
Schon zu Analogzeiten wurden die wirklich guten Bilder nicht in der Standard-Soße der Großlabors entwickelt und abgezogen, sondern zu Hause in der Dunkelkammer oder im Fachlabor.
Somit ergibt sich der Vergleich:
jpg => Großlabor
RAW => Dunkelkammer
Was völlig anderes sind meines Erachtens die Bilder, die den obigen Begriff entstehen ließen:
Fake-Bilder mit ausgetauschtem Himmel sind da nur die mildeste Stufe. Aber – das ist ja eine andere Story.
Weiter so, Eure Bilder sind klasse
… du sagst es! Und vielen lieben Dank für das Lob, das freut uns wirklich sehr 🙂
Liebe Grüße von den „itchies“
Jetzt muß ich doch noch was dranhängen, denn die 1. (ob) und 3. Frage (warum) hab ich ja beantwortet, nicht aber die zweite: das „womit“ …
Ich bin vor 5 Jahren nach Linux umgestiegen, weil ich
– die ständigen Datenverschiebungen von meinem Rechner nach MS und Google nicht gut fand
– den Trend hin zu „Software an der Leine“ (Abo-Modelle) nicht gut fand – irgendwann bin ich in Rente und möchte dann auch noch meine Bilder bearbeiten können, aber mit der Rente, die einem hierzulande zugestanden wird, kann und will ich nicht auch noch arme amerikanische Aktionäre durchfüttern.
Lightroom, Photoshop und Co. gibt es nicht für Linux, aber es gibt … darktable.
Damit hab ich ein paar Wochen gespielt und die Entscheidung war gefallen (ohne darktable hätte ich nicht zu Linux gewechselt).
Inzwischen gibt es das auch für Windows, aber die Entwicklung (Windows 10 ist datenschutzmäßig die absolute Katastrophe) bestärkt mich darin, nicht darauf gewartet zu haben.
Darktable wird um Weihnachten herum in der Version 3.0 herauskommen (ich bin seit V1.4 dabei, das Entwicklungstempo ist heftig – das Team motiviert – und alle sind da in ihrer Freizeit aktiv, das verdient große Hochachtung).
In der Regel komme ich damit auch zurecht, Lightroom kommt so allmählich mit Funktionen daher, die ich in darktable schon immer hatte (einfaches HDR zum Beispiel, oder die Möglichkeit, Masken für jedes Bearbeitungsmodul festlegen zu können).
Zusätzliche Software brauche ich selten, z. B. für Freisteller (gimp) oder umfangreiche Panoramen (hugin).
Alles freie offene Software … (und kostenlos dazu).
Von Darktable habe ich vorher noch nie etwas gehört. Schön wenn es auch mal Alternativen zu Photoshop & co. gibt. Konkurrenz tut immer gut 🙂 Deine Entscheidung und die Gründe kann ich gut nachvollziehen, Abo-Modelle sind echt Mist! Ich persönlich brauche momentan zwingend auch noch andere Grafikprogramme und kann daher auf Adobe erstmal nicht verzichten, aber wer weiß was die Zukunft bringt… Danke für deinen Input 👍🏻
Wenn mit RAW-Dateien gearbeitet wird sicherlich ok – aber ansonsten bin ich der Meinung, dass ein Foto das wiedergeben soll, was sich dem Betrachter eröffnet hat. Wenn das Wetter halt schlecht ist, dann ist das halt so, gibt dann evtl. kein optimales Bild. Muß aber meiner Meinung nach auch nicht sein. Das soll aber jeder halten, wie er will. Ich/wir bearbeiten unsere Bilder jedenfalls nicht.
Hallo Josef und vielen Dank für deinen Beitrag! Ich bin ganz deiner Meinung. Nur erfasst die Kameralinse eben nur unter optimalen Bedingungen auch nur annähernd das, was das menschliche Auge wahrnimmt… In vielen Situationen gelangt man erst durch die Nachbearbeitung zu dem Motiv, wie man es erlebt, gesehen und in Erinnerung hat. So zumindest unsere Erfahrung und Wahrnehmung. Das mit dem Wetter sehe ich allerdings anders – „schlechtes Wetter“ sorgt oft für die besten Motive und nachträglich wegretuschieren lässt es sich ja soweiso nicht 🙂 Und klar, jeder soll das halten wie er will – wir freuen uns über jede Stimme zu diesem Thema. Liebe Grüße, Marina & Rico
Hallo
Ich bin Deiner Meinung!! Viele Leute sind sich nicht bewusst, dass jede Kamera eine Standardentwicklung auf .jpg Bildern anwendet. Das mache ich dann lieber selber und kann so besser auf das jeweilige Rohfoto eingehen während die automatischen Entwicklungen halt nicht immer optimale Resultate erzeugen.
Oft fotografiere ich bewusst zu dunkel um eine schnelle Belichtung ohne hohe ISO zu erhalten. Ich weiss ja, dass ich im Lightroom sicher 2-3 Blenden aufhellen kann ohne grosse Verluste. Auch starke Kontraste (hell/dunkel Stellen) lassen sich im Nachhinein super verbessern.
Man muss halt aufpassen, dass man nicht übertreibt, sonst sieht es halt dann sehr künstlich aus.
LG, Ueli
Hallo Ueli, vielen Dank für deinen Beitrag. Wir finden es auch immer wieder faszinierend, was sich aus den digitalen Bilddaten noch so alles herausholen lässt… hat man einmal damit angefangen die Fotos zu optimieren, dann wird man immer ergeiziger. Aber wie du sagst: Man muss aufpassen, dass man es nicht übertreibt. Obwohl einige Leute gerade auf diesen leicht überzeichneten Effekt setzen, ihn sogar zu einer Art „Markenzeichen“ machen. Das ist dann einfach Geschmackssache 🙂 Liebe Grüße! Marina & Rico