Wir fuhren also unverrichteter Dinge zum Walmart um unsere Vorräte aufzufüllen. Als wir nach dem Einkauf wieder zum Auto kamen, standen Marita und Jan da – die Beiden hatten leider auch vergeblich in Anchorage einen Schweißbetrieb gesucht, der ihren undichten Zusatztank schweißen konnte. Wir verabredeten uns für den Abend und machten einen Stellpatz weit außerhalb der Stadt als Treffpunkt aus. Bis dahin hatten wir aber noch genügend Zeit zur Recherche – ein WIFI war schnell gefunden und ich schrieb einem Buschtaxi-Freund von dem ich wusste, dass er über viele Kontakte in den Staaten verfügt.
Der Weg aus der Stadt am späten Nachmittag war geprägt von Stau… zwei Stunden ging es nur schleppend voran – aber wir waren trotzdem eher an dem ausgemachten Stellpatz als Marita und Jan und ich flickte noch das Reserverad. Gerade als ich fertig war kamen die Beiden ums Eck. Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns wieder und fuhren in den nächsten Ort – nach Palmer – um unsere Mails zu checken. Tatsächlich hatten wir zwei Kontakte per Mail bekommen – einer davon in Wasilla, nur 15 Kilometer entfernt. Klasse! Mark betreibt in Wasilla seinen Cruisershop und bei unserer Ankunft war er bereits über unser Schlauchproblem informiert – auch wenn wir auf dieser Reise nicht mit einem LandCruiser unterwegs sind – auf die Gemeinde ist Verlass 🙂 Mark telefonierte halb Alaska ab und wurde in Fairbanks fündig – dort hatten sie Schläuche in unserer Größe auf Lager. Nach einem langen Plausch und der Begutachtung seiner Cruiser-Schätze (u.a. ein 45er Shortbad) machten wir uns wieder auf den Weg.
Der „Hatcher Pass“ war unser nächstes Ziel. Es ging steil bergauf, der Teer hörte auf und eine urige Gravelroad begann. Wieder mal meinte es das Wetter gut mit uns und wir konnten bei herrlichstem Sonnenschein einen Spaziergang um den Kratersee am Gipfel unternehmen. Die Abfahrt auf der anderen Seite erinnerte stark an die Französischen Alpen. Nachtplätze gab es viele – aber wie es meistens passiert – dann wenn man einen braucht ist keiner mehr da. Also fuhren wir bis auf den Parks-Highway, der Fairbanks mit Anchorage verbindet. Nach ein paar Kilometern sahen wir in der Abenddämmerung in weiter Entfernung einen weißen Kegel in den Himmel empor ragen – der Mount McKinley! Einen Nachtplatz fanden wir an einem kleinen Fluss und ich klebte noch die Bowle des Separ-Filters – diesen hatte ich ein paar Tage zuvor abklemmen müssen, da er am Morgen immer Luft gezogen hatte (die Bowle hatte am Ablasshahn lauter kleine Haarrisse).
Der nächste Morgen begann genau so schön wie der vorherige geendet hatte. Die gewaltige „Alaska Range“ stieg in der Ferne empor und wir fuhren auf dem Parks HWY Richtung Norden. An einem Parkplatz stoppten wir und liefen zu dem auf einem Hügel gelegenen Aussichtspunkt. Dort genossen wir das Privileg, den Mount McKinley unverhüllt zu sehen. Diese Chance liegt im Sommer nur bei 20-30% und nach den ganzen Waldbänden in Alaska hatten wir schon fast nicht mehr daran geglaubt, den höchsten Berg Nordamerikas überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Mit seinen 6200 Metern ist er zwar der höchste Berg Nordamerikas – aber gegen die Giganten im Himalaya ist er nur ein Zwerg. Allein in Südamerika sind 44 Gipfel höher als der McKinley – im Himalaya sind es gleich 650 Stück, die höher sind. Aber wir starrten von 280 Meter über Null auf ein solch gewaltiges Bergmassiv, dass uns derartige Zahlen egal waren. Der Berg war einfach nur eine atemberaubende Schönheit!
Ein Abstecher in den Denali HWY – zu einem tollen Nachtplatz mit einem kleinen Spaziergang am Abend – brachte eine Zugabe zum Müsli für die nächsten Tage in Form von frischen Blaubeeren ;-). Zum „Denali National Park“ hin wurde die Sicht auf einmal immer schlechter und Brandgeruch lag wieder in der Luft. Das Visitorcenter des Parks ist wunderschön angelegt und man kann sich über die Entstehung des Parks in den 20ern bis hin zu den heimischen Tierarten über alles mögliche informieren. Was uns besonders positiv aufgefallen ist – es gibt in diesem Visitorcenter kein einziges ausgestopftes Tier (wie in vielen anderen Centern), alle Tiere sind perfekte Nachbildungen. Im Park verkehren Busse und man kann sich in mehrstündigen Touren durch die Landschaft kutschieren lassen. Die Campingplätze im Park muss man vorreservieren und mindestens für 3 Tage buchen. Das war uns dann doch zu viel – wir hatten noch was anderes vor …
Ein paar Kilometer weiter kamen wir nach Healy, rechter Hand haben wir ihn dann beide gleichzeitig gesehen – den Bus Nummer 142 aus dem Film „Into the Wild“ (dieser Bus ist identisch mit dem originalen Bus und wurde für den Film als Kulisse verwendet). Die wahre Geschichte spielt Anfang der 90er. Chris McCandless alias „Alex Supertramp“ brach nach seinem Uni-Abschluss aus dem Alltag aus – zog zwei Jahre durch Amerika und erfüllte sich dann seinen größten Traum: In der Wildnis Alaskas für sich allein eine Zeitlang zu leben und sich von dem zu ernähren, was die Natur ihm bietet. Alex fand in der Wildnis den „Magic Bus“ und starb ein paar Monate später alleine in diesem Bus, weil er sich (so Scheint es) an Pflanzen vergiftete. Die Bilder aus seiner Kamera sind zusammen mit der SOS Nachricht, die er damals schrieb, in dem Bus ausgestellt (der originale Bus steht Luftlinie ca. 30 Meilen von Healy entfernt in der Wildnis). Wir nehmen die Stampede Road, die aus Healy heraus führt und fahren wie „Alex“ damals bis ans Ende der Straße. Von dort sind es noch einige weitere Meilen zu Fuß durch die Tundra und es müssen zwei Flüsse überquert werden, bis man zum „Magic Bus“ kommt. Der Weg war überflutet und wir kamen nicht sehr weit – die Tundra war dermaßen voll gesogen mit Wasser, dass sich das Laufen anfühlte, als wandere man auf Schaumstoff 😉 Aber diese einmalige Umgebung ließ uns erahnen, wie weit dieses Land ist – soweit das Auge reicht – nur Tundra!
Gewöhnungsbedürftig: man Tankt Gallonen (1 Gallone = 3,8 Liter), die Entfernungen werden in Meilen angegeben (1 Meile = 1,6 Kilometer), es gibt fast nirgendwo Knäckebrot zu kaufen und die Zitronenkekse sind auch immer ausverkauft. Schläuche findet man – aber sehr schwer! Und es ist nicht erlaubt auf einem Firmengelände einen Reifen zu demontieren – das bringt einen um! 😉
Von Whitehorse aus fuhren wir nicht direkt Richtung Watson Lake, sondern nahmen den Umweg über Carcross. Dort unternahmen wir einen kleinen Spaziergang in der kleinsten Wüste der Welt 🙂 und fuhren zurück auf den Alaska HWY nach Watson Lake. Unterwegs überholte uns ein 110ner LandRover – wieder mal … 😉 23 Kilometer vor Watson Lake ist der Abzweig auf die „37“ – den „Stewart Cassiar HWY“ – welcher uns nach Süden bringen sollte. Wir fuhren aber erst noch die 23 Kilometer in den Ort, um Brot zu kaufen und um zu tanken (Watson Lake 1,14 / Liter – Kreuzung am Abzweig 1,37 / Liter). Weit kamen wir danach nicht mehr und fanden einen tollen Platz an einem kleinen See.
Die Kilometer rollten nur so unter den Reifen dahin und wir machten innerhalb von zwei Tagen einen großen Schritt auf der wunderschönen „37“ Richtung Stewart. Stewart liegt in einer Sackgasse, aber die 60 Kilometer sind es echt wert! Kurz vor Stuart kommt uns schon wieder der Landy entgegen – ja sind wir denn in Albanien??? 😉 Hinter Stewart reisten wir nochmals nach Alaska ein – Hyder ist wohl der einzige Ort in den USA, wo bei der Einreise auf Grenzkontrollen verzichtet wird. Ein kleiner Bachlauf hinter Hyder stellt das Ende einer Verbindung zum Ozean dar – das ist dann auch der Endpunkt der langen Reise vieler Lachse. Ein hochgelegter Boardwalk für Besucher wurde gebaut, um an diesem Bachlauf gefahrlos Grizzlybären beim Lachsfang beobachten zu können. Wir warteten fast vier Stunden, nichts geschah… Um 20 Uhr kam dann tatsächlich ein richtig großer Grizzly und schlug sich den – eh schon dicken Wanst – richtig voll. Hunger hatte er keinen, er fraß sich nur den nötigen Winterspeck an. Er holte sich einen Lachs nach dem anderen aus dem Bach, zog ihnen – noch zappelnd – die Haut ab, nahm zwei Bissen und holte sich den nächsten. So ging das fast eine 3/4 Stunde, dann zog er sich wieder in den Wald zurück. Ein unglaubliches Erlebnis! Leider war Rini dann (wieder mal) mit den Bildern überhaupt nicht zufrieden – es lag an der Kamera in Verbindung mit dem Objektiv und der Dämmerung – das passt einfach nicht optimal zusammen …
Am Boardwalk trafen wir dann auch noch alte Bekannte und wir verbrachten den Rest des Abends zusammen in einem alten Steinbruch – es wurde wieder mal sehr spät am Lagerfeuer.
Wir zogen uns dann später ins Auto zurück – Rini sortierte Bilder und ich schrieb Bericht. Es war schon spät als wir noch mal kurz raus mussten – da tat sich beim Blick in den Nachthimmel ein fantastisches Sternenzelt über uns auf. Beim genaueren Hinsehen bemerkte Rini dann einen grauen Schleier, der seine Form ständig veränderte. Wie gebannt starrten wir in den Himmel, wo sich ein weiteres Schauspiel der Natur anbahnte – DAS POLARLICHT – auch „Aurora Borealis“ genannt. In der folgenden Stunde wurde die Himmelserscheinung immer deutlicher und spektakulärer. Üblicherweise ist das Polarlicht ab ca. 66° nördlicher Breite zu sehen – wir befanden uns aber schon auf 54°! Wie konnte das sein?? Grund ist wohl eine zur Zeit extrem starke Sonnenaktivität, die für das entstehen der Polarlichter verantwortlich ist. So bereitete uns also die Natur einen wunderbaren Abschied vom hohen Norden.