Zuerst euch allen noch ein guten neues Jahr 2017 – Bleibt vor allem gesund, habt Spaß, seid neugierig und abenteuerlustig!

Fast zwei Wochen blieben wir in Ushuaia. Uns gefiel es richtig gut in der Stadt. An einem Samstag, wir übernachteten immer noch auf dem toll gelegenen Parkplatz nahe des Visitor-Centers, standen wir mitten in der Nacht senkrecht im Bett. Mit gefühlten 130db wurden wir beschallt. Ich sofort raus und traute meinen Augen nicht – da stand die gesamte Tuningszene von Ushuaia auf dem Parkplatz und präsentierte ihre Kisten … Wer wohl die lauteste Musikanlage und den lautesten Auspuff habe. Mitten in der Stadt!

Auf einem Aussichtspunkt, am Beagle-Kanal etwas außerhalb der Stadt, nutzte ich das schöne Wetter und tauschte am nächsten Tag die Räder über kreuz. Am Abend erlebten wir dann einen fantastischen Sonnenuntergang. Einige Overlander trafen in der Stadt ein – überwiegend Franzosen. Irene und Simon kamen von ihrer Antarktis-Kreuzfahrt wieder und wir beratschlagten wo wir Weihnachten verbringen wollten. Ein Platz war schnell ausgemacht – vorher hatten wir allerdings noch Ausreisepapiere für Zora zu besorgen. Es war mal wieder mühsam und umständlich. Das Senasa-Papier ist in Argentinien nur 10 Tage gültig – nicht wie in Chile 21 Tage. Also haben wir uns das Papier am 22.12. ausstellen lassen. Eine „Vordatierung“ wie in Chile war nicht möglich. Naja, was soll’s …

So verließen wir am 22.12. Ushuaia mit dem Weihnachtsziel „Estancia Haberton“. Auf Schotter ging es 50 Kilometer am Beagle-Kanal entlang Richtung Süden – der Scania war ja nicht zu übersehen 🙂 Ein Allrad-Sprinter aus Deutschland stand auch noch da – Rainer aus Karlsruhe. Ein herrlicher Platz inmitten einer traumhaften Kulisse. Es war wieder einmal an der Zeit bei unserem treuen Iveco die Spannung der Steuerkette zu überprüfen – das letzte mal war vor 20.000 Kilometern. Zu meiner Überraschung war die ganze Arbeit umsonst. Ich musste nichts nachstellen. Trotzdem sollte unbedingt ein Intervall von 20′ Kilometern eingehalten werden.

Einen Tag vor Weihnachten unternahmen wir noch einen Ausflug ans Ende der Piste. 40 Kilometer schlängelte sich der Weg noch weiter Richtung Süden. Dann standen wir vor einer Schranke und einem flachen Gebäude. ENDE! Weiter nach Süden kann man nicht mehr fahren – Kap Horn war ja eh schon fast erreicht 🙂

Wir kehrten um und ca. 5 Kilometer vor unserem Weihnachtplatz sahen wir drei Personen auf der Straße spazieren – Irene, Simon und HORST! Welch eine Freude, er hatte uns also tatsächlich eingeholt. Das letzte mal sahen wir uns in Ecuador. Am 24. regnete es den ganzen Tag und so verbrachten wir den Abend zu sechst im Scania. Wir brachten Glühwein mit und die Schweizer hatten eine geniale Kürbissuppe gekocht. Es war ein schöner Abend.

Am nächsten Tag passierte dann etwas, was eigentlich nie passieren dürfte: Uns ging das Gas aus! Glücklicherweise haben wir ein Backup, in Form einer Gaskartusche mit Brenneraufsatz, dabei. Denn Rini ohne Kaffee am Morgen – das geht gar nicht! 😉

Zwei Tage später verabschiedeten wir uns von allen und nahmen Kurs „Nord“. Tierra del Fuego musste noch einmal durchquert werden. Die nächste Gasstation unterwegs hatte geschlossen und so mussten wir noch einen Tag warten bis nach Rio Gallegos – zur nächsten Station. Wir schafften es bis zur Grenze und suchten hinter einem Gebäude Schutz vor dem patagonischen Wind. Die Ausreise am Morgen ging ganz schnell und am chilenischen Einreiseposten waren wir auch zügig abgefertigt. Allerdings wurde dann das erste mal unser Fahrzeug – meiner Meinung nach – etwas zu grob durchsucht. Der Zöllner drückte in jedes Staufach und als er uns fast das Tischbein abbrach war es echt zu viel! Leider hatten wir auch vergessen den Honig zu verstecken, den nahm er uns weg und meinte ich solle mitkommen. Ich protestierte – schließlich war der Honig aus Chile. Er wog den Honig und notierte auf dem von uns ausgefüllten Zollformular das Gewicht. Dann sagte er mir, dass er den Honig nun vernichten würde. Eine blaue Flüssigkeit sprühte er in das Glas und dann verschwand es in einer Tonne, die bereits voll mit beschlagnahmten Obst und Gemüse war. Ich sagte noch, dass ich es unerhört fände, wenn Lebensmittel sinnlos vernichtet würden, wo es auf der Welt immer noch Menschen gäbe die hungerten … Das drang aber nicht zu ihm durch.

Am Fähranleger stand eine seeeehr lange Autoschlange. Wir dachten schon, dass aufgrund des starken Windes gar keine Fähre fahren würde. Aber nach ca. 3 Stunden konnten wir übersetzten und einen für uns neuen Weg einschlagen. Die Ausreise aus Chile und die Einreise nach Argentinien verliefen recht schnell – alles war in einem Gebäude untergebracht und es erfolgte keine Fahrzeugkontrolle.

In Rio Gallegos fuhren wir die Gasstation an und bauten unsere Gastankflasche aus. Rini blieb beim Auto und ich ging mit allen Adaptern bewaffnet zur Füllstation. Dort schauten sich drei Leute die Flasche an als wenn sie noch nie eine Gasflasche gesehen hätten. NEIN – diese können sie nicht füllen! „HÄ?? WAS?? Ich hab ALLE Adapter die es gibt.“ – Ja, aber das argentinische System sei anders. Die Flaschen haben einen viel größeren Abgang und werden mit einem Bolzen mit Gummidichtung und hydraulischem Gegenhalter befüllt … Naja, nichts passte und man schickte mich wieder weg – ich solle in einer Ferreteria (einer Eisenwarenhandlung) versuchen einen Adapter zu finden. Frustriert ging ich zum Ausgang und der Sicherheitsmann fragte was los sei. Ich erklärte ihm, dass es nicht möglich sei die Flasche zu füllen. Er nahm mich mit ins Büro und holte einen anderen Mitarbeiter. In sehr gutem Englisch fragte er was los sei und ich erklärte alles noch einmal. Draußen sah er sich die Gasflasche an und meinte wir sollen in die Flasche einen anderen Entnahmekopf einsetzen – „NEIN, das kommt nicht in Frage weil wir dann die Flasche nicht mehr am Regler anschließen können“. Ach so … ja klar … Dann bemerkte er einen unserer Adapter, schraubte ihn auf die Flasche und meinte, das sei doch alles gar kein Problem! Mit Hilfe dieses Adapters könne man unsere Flasche problemlos direkt aus dem Gas-LKW auffüllen. Inzwischen stand einer der drei Typen aus der Füllstation neben uns und sah ganz unbekümmert zu – hatte er mich nicht gerade eben noch weggeschickt, da er überhaupt keine Möglichkeit gäbe unsere Flasche zu füllen?!? . Als der LKW fertig mit betanken war bekamen wir die Fasche endlich gefüllt – dauerte nicht mal 5 Minuten. Keine Ahnung ob man zuerst nur zu faul war oder einfach nicht so weit gedacht hatte, dass es ja so auch geht … Naja, wie auch immer, wir hatten wieder Gas und waren glücklich.

Die „Routa 3“ brachte uns innerhalb von wenigen Tagen sehr weit Richtung Norden. Es ging hunderte von Kilometern nur durch öde Pampa, ein heftiger Wind aus W/SW war dabei unser ständiger Begleiter.

Beim „Parque Nacional Monte Leon“ unternahmen wir einen Abstecher an die Küste. Die 15 Kilometer waren gespickt mit übelstem Wellblech. Hunde waren wieder einmal nicht erlaubt und so musste Zora im Auto bleiben. 2 Kilometer Fußmarsch lagen vor uns – überall waren Hinweisschilder aufgestellt „Achtung Pumas! – Nicht alleine laufen“! Ohne einen einzigen Puma gesehen zu haben kamen wir am weitläufigen Strand an, wo tausende von Magellan-Pinguine nisteten. Wo man nur hinschaute – überall Pinguine. In Erdlöchern, in Mulden, unter Sträuchern – überall schrien die Jungen nach Futter. Es stank nach Fisch und Ammoniak. Ein herrliches Tiererlebnis!

Zurück auf der „Routa 3“ nahmen wir das Asphaltband wieder unter die Räder. Südlich von „Caleta Olivia“ fanden wir einen wunderschönen und etwas windgeschützten Stellplatz direkt am Stand. Unser Sylvester-Platz! Nach unserem Menü spielten wir bis spät in die Nacht Karten und schafften es tatsächlich mal wieder bis 12 wach zu bleiben… 🙂

Am Morgen kam Rini vom Spaziergang mit Zora zurück und erzählte, dass weiter hinten am Strand Schweizer stehen würden mit einem großen LKW. Dann fing sie zu lachen an und ich wusste, dass es sich um Irene und Simon handeln musste. Wir blieben noch einen weiteren Tag, bevor wir weiter zogen gen Norden. Eine Seelöwenkolonie lud uns zu einem Stopp ein – wir konnten ganz nah ran – es stank nach Fisch!

Die „Routa 3“ verließen wir und wechselten auf die „1“. Eine Schotterpiste wie eine Autobahn. Kein Wellblech! Fantastisch! Unser nächstes Ziel war  der „Playa Escondida“. Dort sollte es Seeelefanten geben – leider sahen wir kein einziges Tier – aber der Beach war ein Traum! Bei Ebbe gab es auf den freigelegten Felsen unendlich viele Tidepools (mit Wasser gefüllte Löcher) – einfach schön anzusehen.

Danach zog es uns weiter auf das Cap „Punta Ninfas“. Spät am Nachmittag kamen wir an und beschlossen erst am nächsten Tag von der Steilküste zum Strand abzusteigen. Weit und breit war kein windgeschützter Platz zu finden. Die Nacht war stürmisch, der Iveco schaukelte in den Federn. Am Morgen kletterten wir dann abenteuerlich die Steilküste hinunter. Im oberen Teil musste man sich an Eisenstangen festhalten und über eine Stickleiter klettern. 60 Meter tiefer, am kilometerlangen Kiesstrand, sahen wir sie dann liegen – Seeelefanten! Lauter Weibchen wie wir vermuteten, ausgewachsene Männchen mit ihren bis zu 4 Tonnen waren nicht zu sehen. Wir konnten ganz nah ran und die meisten nahmen überhaupt keine Notiz von uns. Zwei Tiere kämpften im flachen Wasser und trafen „Vereinbarungen“ – das war wirklich toll anzusehen und die Kameras glühten.

In „Puerto Madryn“ füllten wir unsere Dieseltanks und fuhren zum Supermarkt. Rini ging einkaufen und ich blieb im Auto sitzen und studierte die Landkarte. Als ich einmal kurz aufblickte sah ich außerhalb des Parkplatzes einen Magirus Doppelkabiner mit einem LAK-Koffer. „NEIN!!! Das kann doch nicht sein!!!“ dachte ich – dann sah ich sie gerade noch im Supermarkt verschwinden – die „Zwei Vagabunden“ two-vagabonds.de. Seit ca. 7 Jahren ziehen die Zwei durch die Amerikas und haben uns bereits vor unserer Reise mit ihren Berichten inspiriert. Nach dem Einkauf ratschen wir fast zwei Stunden lang – Schön dass wir euch getroffen haben und vielleicht sehen wir uns beim nächsten mal ja an einem ruhigeren Ort – uns würde es sehr freuen!

Für uns ging es weiter auf die „Peninsula Valdes“. Der einzige Platz, auf dem Wildcamping erlaubt ist, war überfüllt mit Argentiniern die dort ihre Ferien verbrachten. Wir zogen es vor auf einem höher gelegenen Mirador unseren Stellplatz einzurichten. Es war heiß und die See lag wie ein Spiegel unter uns. Mussten nur noch Wale kommen. Wale kamen keine – jedoch hörten wir nach ein paar Stunden ein tiefes Brummen welches immer lauter wurde – da kam doch tatsächlich der Scania auf der Sandpiste zum Mirador angefahren – Hallo Irene und Simon!

Am nächsten Morgen fuhren wir die „Inselrunde“ – mehr als 200 Kilometer Piste! Im Norden der Halbinsel, am „Punta Norte“, gibt es eine Seelöwenkolonie und auch einige Seeelefanten. Bei den Seelöwen war gerade Geburtssaison. Überall plärrten die kleinen Seelöwen. Das hörte sich an, als würden kleine Zicklein meckern. Die Seelöwenmänchen trugen trotz der hilflosen Geschöpfe überall ihr Revierkämpfe aus und so kamen einige der Jungen unter die tonnenschweren Kolosse. Aber irgendwie scheinen die Kleinen ganz schön zäh zu sein. Sie rappelten sich immer wieder auf nachdem sie überrannt wurden. Rini machte mich dann auf ein Seelöwenweibchen aufmerksam, welches sich sehr unruhig verhielt. Das Männchen, welches bei ihr war, verteidigte das Revier während das Weibchen schrie und sich umher wälzte – mehr als zwei Stunden dauerte die Geburt. Für uns war es ein absolutes Highlight live bei einer Seelöwengeburt dabei gewesen zu sein. Wir wünschten dem Kleinen ein langes Leben und verließen die Kolonie. Am Abend bescherte uns Valdes noch einen absolut spektakulären Sonnenuntergang – Simon und ich schossen gefühlte 1000 Fotos!

Bitte unbedingt mit Ton ansehen!

Die RN3 brachte uns über „Sierra Grande“ nach „Viedma“. Unterwegs bei der Mittagsrast erblickte ich schon von Weitem ein uns bekanntes Reisegefährt – den Toyota der Tanners! Das letzte mal hatten wir uns in Arequipa in Peru gesehen. Eine große Freude die Beiden nach so langer Zeit mal wieder zu treffen. Wir tauschten am Straßenrand einige Infos aus und zogen dann weiter in entgegengesetzte Richtungen.

Südlich von Viedma gibt es an der Steilküste die größte Felesenpapageienkolonien der Welt. Diese Kolonie erstreckt sich insgesamt über 9 km weit und zählt mehr als 35.000 Paare. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. In unzähligen kleinen Höhlen nisten diese Schreihälse und veranstalten ein riesiges Spektakel. Toll und atemberaubend schön das zu erleben!

Tja – und dann ging es für uns kerzengerade nach Norden. Es war eigentlich nie geplant weil es ja so weit war, aber wir beschlossen einstimmig das wir zur DAKAR fahren wollen! Zwei Marathonetappen – je knapp 600 Kilometer – innerhalb von zwei Tagen legten wir zurück. Die vorletzte Etappe führte den Rallye-Tross nach „Rio Cuarto“. Es war nicht sehr einfach den Streckenverlauf raus zu bekommen – auf der offiziellen Website war die Karte so grob dargestellt, dass man damit nichts anfangen konnte. Rini fand aber in der Onlineausgabe der örtlichen Zeitung einen detailliert beschriebenen Streckenplan und so konnten wir uns genau an die Strecke der 2. Wertungsprüfung der 11. Etappe stellen. Es war ein einziges Volksfest!

Hunderte von DAKAR-Begeisterten bevölkerten die Strecke. Wir waren die einzigen Ausländer und die Gastfreundschaft hat uns wieder einmal umgehauen – von überall her bekamen wir etwas angereicht als würden wir von jeher dazugehören. Mal ein Bier, dann eine Tüte mit Chips, dann einen Mate-Tee. Die Stimmung war unglaublich! Irgendwann kamen dann die „Helden“ der DAKAR. An dem Platz, an dem wir standen, hatten die Teilnehmer bereits über 650 km an diesem Tag hinter sich, aber die Ersten sahen so frisch aus, als wenn sie sich gerade aufs Bike gesetzt hätten – Hut ab vor dieser Kondition!

Die meisten Zuschauer verließen die Strecke, als noch nicht mal das halbe Fahrerfeld an uns vorbei war. Es wurde dunkel und es kamen immer noch Autos, Motorräder, Quads und die LKWs natürlich. Die wahren Dramen spielen sich im hinteren Feld ab. 70 Kilometer vor dem Ende der Etappe fiel ein Toyota FJ Cruiser aus und wurde von einem Hilux der Organisation ins Ziel geschleppt. Strafzeit und evtl. sogar das Aus der Rallye auf der vorletzten Etappe. Traurig aber so ist es halt.

Am Ende des Tages waren wir staubig von oben bis unten und unendlich glücklich diese riesige Strecke auf uns genommen zu haben um die DAKAR live zu erleben! Ab jetzt geht es aber wieder langsamer voran. Wir treffen uns in ein paar 100 Kilometern mit Hans, der uns vor fast zwei Jahren in Halifax vom Flughafen abgeholt hat. Was wir mit ihm erleben und wohin es uns dann weiter hinführt – das erfahrt ihr im nächsten Bericht.
  • gefahrene Strecke: 4.431 km
  • Schäden bzw. Verschleißteile:
    Fiskars Säge – Sägeblatt gebrochen (Merke: Werkzeug verleiht man nicht!)
  • Verluste: keine
  • Plattfüße: keinen
  • Ausrüstungs TOPP :
    unsere Gastankflasche und ein kleines Backup in Form einer Gaskartusche mit Aufsatzkocher