Kurz darauf rollten wir schon in „Copacabana“ ein – nein nicht das am Zuckerhut – sondern das am Titicacasee. An der Uferpromenade, der bei Touristen so beliebten Kleinstadt, konnten wir super stehen und gaben unser letztes Peru-Geld an einem Essensstand für gebratene Forelle aus. Leider erfuhren wir von Einheimischen, dass die einzige Straße nach „La Paz“ derzeit gesperrt sei – wegen Protesten. Oh je! Drei Wochen vor unserer Einreise wurde der stellvertretende Innenminister von Bolivien bei Schlichtungsverhandlungen mit streikenden Bergarbeitern erschlagen. „Na mal sehen …“ dachten wir, was das so wird. Am Markt konnten wir super günstig einkaufen und es gab wieder lecker Ceviche. Drei Tage verbrachten wir in dem herrlichen Örtchen, dann war die Blockade beendet und die Straße angeblich wieder frei. Auf nach „La Paz“ hieß es für uns! Erst mussten wir noch ein kleines Stück auf einer abenteuerlichen Fähre über den Titicacasee gondeln, um dann auf einer nicht enden wollenden Baustelle Richtung der höchstgelegenen Hauptstadt der Welt zu gelangen.
Irgendwann waren wir dann raus aus dem Moloch und mussten feststellen, dass wir kein einziges Foto gemacht hatten! Die neue Straße nach „Coroico“ ist schön breit und mit einem glatten, schwarzen Belag versehen. Aber wer will denn das schon fahren? Auf halbem Weg kann man von der Straße abfahren auf die „El camino de la muerte“ – Die Straße des Todes! Die ehemals gefährlichste Straße der Welt – solange, bis die neue Umgehungsstraße gebaut wurde. Heute fahren nur noch Radtouren und Touristen diese alte unbefestigte Route. Wir stiegen also ein. Eng an den Berg geschmiegt führte der Weg durch immer dichter werdenden Dschungel. Unglaubliche Ausblicke boten sich und wir fanden die Straße echt spektakulär und wunderschön. Die Gefährlichkeit wurde allerdings durch Leitplanken größtenteils entschärft. Allerdings stehen noch 100te von alten Kreuzen am Wegesrand und auch heute noch verlieren jedes Jahr Radfahrer ihr Leben auf der Todesstraße. Spät kamen wir dann in „Coroico“ an und fanden einen ruhigen Stellplatz oberhalb des kleinen Örtchens. Am nächsten Tag war Markttag und es war brutal voll. Rini wartete mit Zora in der brütenden Hitze vor der Markthalle und ich brachte alle fünf Minuten neue Tüten nach draußen und stellte sie bei ihr ab.
Irgendwann hatten wir genug Proviant für unser nächstes Abenteuer: Von „Coroico“ aus 500 Kilometer Richtung Süden auf unbefestigten Straßen durch Dschungel und Bergwelten nach „Cochabamba“. Wir ließen noch Luft aus den Reifen und dann ging es los. Die Piste führte – genau wie die Todesstraße – an Berghängen entlang und wir hatte pro Tag zwischen 7000 und 9000 Höhenmeter zu überwinden. Ein absolutes Highlight für uns. Unterwegs änderten sich Landschaft und Vegetation immer schlagartig. Dschungel und Kakteen wechselten sich ab. Auf halbem Weg musste ein 200 m breites Flussdelta durchquert werden, ohne Brücke – das wussten wir – aber da gerade Trockenzeit war, machten wir uns keine all zu großen Gedanken. 30 Kilometer vor dem Fluss fanden wir einen Nachtplatz und ich kümmerte mich noch um den Iveco.
Unterwegs übernachteten wir in einem Flussdelta und badeten im herrlich warmen Wasser. Mit Schrecken mussten wir am Abend feststellen, dass wir im hinteren Bereich unserer rollenden Wohnung keinen Strom mehr hatten. Die 40A-Hauptsicherung für den hinteren Kreis war kaputt. Ich dachte OK – kann ja mal passieren und steckte eine neue Sicherung in den Halter – diese flog auch sofort. Das Messgerät zeigte dann einen 100%tigen Masseschluss auf dem hinteren Kreis. Nach 30 Minuten fand ich den Fehler – der Handgreifzug im Heck hatte sich aus seiner Halterung gelöst und war mit dem Griff hinter eine Abdeckung gerutscht – dort hatte er dann den Plus- und Minuskontakt einer Zusatzsteckdose zusammen gebogen?!
Wir probierten dann am nächsten Tag was anderes aus um an Diesel zu kommen. An einer Tankstelle parkten wir außer Sichtweite und ich ging wie selbstverständlich mit dem Kanister zur Zapfsäule, sagte eine fünfstellige Nummer (hatte ich an der andere Tankstelle mitbekommen) und schwups – bekam ich 20 Liter Diesel zum einheimischen Preis…. 🙂
In „Sucre“ gab es nahe der Altstadt einen ganz kleinen Campingplatz, der von zwei älteren Leutchen betrieben wird. Wir waren die einzigen Gäste und bekamen den Schlüssel für das Einfahrtstor. Keine 5 Minuten Fußmarsch und wir waren am Hauptplatz der wunderschönen kleinen Stadt. Besser ging es nicht. Das Essen am Markt war wieder günstig und viel. Einmal war der Teller so voll, dass drumherum Servietten auslegen mussten, weil alles über den Rand lief :-). Das Internet am CP war gut und so konnten wir in Ruhe recherchieren, wie wir Zora nach Chile bringen. Wir brauchten eine Bewilligung der „Senasag“-Behörde. Diese Behörde ist wohl so was ähnliches wie das Gesundheitsamt bei uns. Da die Bewilligung zur Ausfuhr von Zora nur 10 Tage gültig ist, mussten wir Planen und Rechnen. Alles hin und her half nix – nie und nimmer hätten uns die 10 Tage gereicht, für das was wir noch im Land vorhatten (die letzte Senasag-Behörde in Richtung Grenzübergang befindet sich in Potosi) … Also Problem erst mal vertagt!
Die Bergarbeiterstadt „Potosi“ war dann unser nächstes Ziel. Vor der Stadt war in „iOverlander“ eine Tankstelle eingetragen, deren Mitarbeiter es wohl mit dem Gesetz nicht zu genau nehmen – tatsächlich konnten wir bis an die Zapfsäule vorfahren und zum einheimischen Preis volltanken. 100 Liter flossen so in den Tank. Super! Ein sicherer Stellplatz war in der Stadt schnell gefunden und Rini suchte in „TripAdvisor“ die beste Pizzeria der Stadt. Die Pizzen waren so groß, dass jeder nur eine halbe schaffte – Essen war also für den nächsten Tag gesichert. „Potosi“ war dann auch der letzte Ort, in dem es eine „Senasag“-Behörde gab und wie der Zufall es wollte gab es am Morgen am Hauptplatz eine große Veranstaltung, auf der auch die Senasag ein Zelt hatte. Wir fragten nach und bekamen sofort Auskunft, dass der zuständige Mitarbeiter gerade in La Paz wäre und erst morgen wieder im Büro sei. Also einen Tag „Zwangsaufenthalt“! Am Nachmittag fuhren wir zur Behörde und trauten unseren Augen nicht – eine Gesundheitsbehörde in einem hässlichen unverputzten Ziegelbau umgeben von Dreck, Müll und Straßenhunden – das war echt unglaublich. Wir fragten in der Behörde trotzdem nach und bekamen die gleiche Antwort, dass der Arzt erst morgen wieder im Haus sei – wir könnten aber inzwischen die 50 Soles Gebühren bei der Bank einzahlen. Ich fuhr mit dem Taxi zur Bank und somit war das schon mal erledigt. Am Morgen warteten wir dann auf den Arzt. Im bitterkalten Büro saßen wir zusammen mit zwei Neuseeländern, die auch eine Ausfuhrbewilligung für ihren Hund brauchten und warteten … Irgendwann waren wir vollkommen durchgefroren und der Arzt erschien. Wir stellten uns dumm und sagten, dass wir eine Bewilligung bräuchten – für 30 Tage. Er meinte „Nein“, die Bewilligung gelte nur 10 Tage. Wir setzten eine erschrockene Miene auf und er beruhigte uns sofort: Das sei kein Problem – er datiere die Bewilligung einfach vor … Aha! Danke! Dieses Problem war also gelöst.
Irgendwann später waren dann in einiger Entfernung 10 Fahrzeuge zu sehen. Ich nahm das Fernglas und musste echt zweimal hinsehen – da fuhren doch tatsächlich 7 neue Bentleys Bentayga und drei Begleit-Pickups. Es gibt also doch noch Hersteller, die ihre Fahrzeuge wirklich testen und nicht einfach vom Reisbrett auf die Straße schicken. Allerdings werden solche Test wohl auch vom Endkunden bezahlt – ein Bentley Bentayaga kostet schließlich die Kleinigkeit von 275.000 € (ohne die aufpreispflichtige Borduhr von Breitling im Wert von 150.000 €) – ähm … ich schweife ab.
Viele Reisende warnten uns im Vorfeld vor der Unfreundlichkeit in diesem Land … Die Menschen seien Ausländern gegenüber sehr feindseelig eingestellt und hätten auch sonst kein Lächeln auf den Lippen. Die Straßen in Bolivien seien eine absolute Katastrophe und tanken wäre seeeehr schwierig.
Nichts davon können wir bestätigen. Die Leute waren genauso nett wie sonst auch, die asphaltierten Straßen sind durchweg in einem tatellosen Zustand, wo es Baustellen oder unausgebaute Routen gibt, muss man natürlich Abstriche machen – aber das ist ja klar in Südamerika. Diesel bekommt man, man muss sich nur etwas anstrengen und den Gegebenheiten anpassen. Also keine Angst vor Bolivien, es ist ein atemberaubendes und abwechslungsreiches Land, in dem man locker mehr als nur einen Monat verbringen könnte!
- gefahrene Strecke: 2.400 km
- Schäden bzw. Verschleißteile:
-Masseschluss im Fahrzeugheck
-Kontakte der Steckdose zusammen gebogen - Verluste:Stirnlampe (nicht mehr auffindbar – bestimmt aus der Tür gefallen)
- Plattfüße: einer
- Ausrüstungs FLOPPs:
LCD-Außentemperaturanzeige – steigt bei extremen Minusgraden aus